Urwald oder Holzplantage? Erkennst du die Unterschiede, bist du ein Naturfreund!

Eine Fläche, auf der Bäume stehen, halten die meisten von uns erst mal für einen Wald. Was wir aber unter einem Wald verstehen, hängt von unserer Sichtweise ab. Gehen wir von einer von wirtschaftlichen Interessen getriebenen, gesetzlichen Perspektive aus oder von den Interessen der Umwelt?

Hier sind zwei Bilder zu sehen. Na, wo versteckt sich der Holzacker? Auf dem ersten oder auf dem zweiten Bild?

Urwald oder Holzplantage? Erkennst du die Unterschiede, bist du ein Naturfreund! 1

Urwald oder Holzplantage? Erkennst du die Unterschiede, bist du ein Naturfreund! 2

Das hier sind fünf offizielle Definitionen eines Waldes, die dir dabei helfen, das Rätsel zu lösen:

5 Definitionen eines Waldes, die jeder Naturfreund kennen sollte

„Wald“, aus forstwirtschaftlicher, gesetzlicher Perspektive:

  1. Gemäß der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) ist ein Wald eine Fläche von mindestens 0,5 Hektar, also etwa ein Drittel eines Fußballfeldes. Ein Zehntel davon muss von Baumkronen überdacht sein. In dieser Definition ist keine Rede von menschlichen Einflüssen.
  1. Gemäß dem Bundeswaldgesetz dagegen ist ein Wald eine mit Forstpflanzen bestockte – auch kahlgeschlagene oder verlichtete – Grundfläche, zu der u.a. Waldwege, Waldwiesen, Holzlagerplätze, Wildäsungsplätze uvm. zählen. In dieser Definition dagegen werden menschliche Einflüsse hinzugerechnet.

 

„Wald“ aus der Perspektive von Umweltschützern:

Umweltschützern und Vegetationskundlern wird es schwerfallen, die Definition des Bundeswaldgesetzes zu akzeptieren, dergemäß der Mensch am Wald Hand und Säge anlegt und ihn nach seinen Bedürfnissen beschnippelt und reguliert. Im Kontext des Umweltnutzens ist es doch sinnvoller, die verschiedenen Erscheinungsformen eines Waldes danach unterscheiden, ob der Wald vom Menschen berührt wird oder nicht: Daraus ergeben sich die Waldarten Urwald, naturnaher Wald und Forst.

  1. Urwald:
  • Kein menschlicher Einfluss erkennbar; keine Baumfällungen durch Kettensägen, keine Anpflanzungen
  • Waldgesellschaft besteht aus einer Vegetation, die für diesen Standort natürlich ist
  • Natürliche Altersstruktur der Gewächse
  1. Naturnaher Wald:
  • Vielschichtige Altersstruktur von Jungbaum bis Totholz
  • Pflanzenarten, die der natürlichen Vegetation dieses Standorts gleichkommen oder Vorstadium dieser Waldgesellschaft mit Pionierbäumen
  • Menschliche Einflüsse erkennbar, z.B. Baumfällungen anhand von Baumstümpfen
  1. Forst:
  • Standortfremde Artenzusammensetzung der Waldgesellschaft
  • Unnatürliche Altersstruktur
  • Erkennbares Pflanzungsschema
  • = Nutzwald, der dem Menschen (als Holzlieferant) dient

Die Lösung des Rätsels liegt jetzt wahrscheinlich auf der Hand, nicht? Auf dem ersten Bild ist zwar kein Urwald zu sehen, aber immerhin ein naturnaher Wald, während das zweite Bild eindeutig einen Forst – von mir liebevoll eine Holzplantage genannt – zeigt, der darüber hinaus auch der Definition von Wald des Bundeswaldgesetzes entspricht.  Wenn du so denkst wie ich, dann ist nämlich der Forst diejenige Waldart, die am wenigsten mit einem natürlichen Urwald gemein hat und die letztendlich nur einen vorübergehenden Effekt für die Umwelt hat.

Um eine dritte Perspektive zu eröffnen: Ein Exkurs in die Vergangenheit gibt uns einen Einblick in die Kulturgeschichte Deutschlands in Bezug auf die Waldentwicklung:

„Wald“ aus der Perspektive der Kulturwissenschaft: Ein Blick in die Vergangenheit des deutschen Waldes

Heute nur noch schwer vorstellbar: Ganze 90 Prozent der Fläche Deutschlands war einst bewaldet! Dann kamen wir Menschen und brauchten Platz für unsere Landwirtschaft. Schließlich fielen zwei Drittel der Waldfläche bis zum 14. Jahrhundert der Landwirtschaft zum Opfer, bis zum 18. Jahrhundert, als es die ersten Aufforstungsbestrebungen gab: Schnell wachsende Arten sollten die Holzknappheit schnell wieder kompensieren. Für die meisten Standorte waren das fremde Arten wie die Kiefer oder die Fichte. Das Ergebnis: Diese Arten verdrängen naturnahe Wälder, heimische Nadelwälder existieren kaum mehr. Heutzutage scheint die ökologische, standortgerechte Aufforstung leider auch ein Ding der Unmöglichkeit, da der Platz weiterhin für die Landwirtschaft benötigt wird.

Was ist deine Meinung dazu? Welcher Waldtyp sollte in Deutschland zu welchen Anteilen vorherrschen und warum?

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